Veränderungen im Landwirtschafts- und Ernährungssystem – Was sind die Gründe?

Im konventionellen, globalisierten Land­wirtschafts- und Ernährungs­system sind Produzent­Innen und Konsument­Innen oft räumlich, sozial und organisatorisch voneinander getrennt. Herkunft, Verarbeitungs- und Vertriebs­schritte und –ebenen werden für Verbraucher­Innen dadurch zunehmend intransparent. Trotz Informations­fülle ist das Wissen der Verbraucher­Innen über unterschiedliche Produktions­methoden und damit verbundenen Folgen für die Umwelt und die Produkte selbst abstrakt. Damit verbunden sind häufig Akzeptanz­probleme und Kritik seitens der Konsument­Innen an modernen Produktions­weisen und Verfahrens­techniken in der Land­wirt­schaft.

Verbraucher­Innen verstehen sich heute zunehmend als mit­verant­wortlich für die Auswirkungen von Produktion und Konsum. Sie fordern mehr Transparenz in Bezug auf mögliche gesell­schaftliche und individuelle Folgen und passen ihr Konsum­verhalten an. In Deutschland kann eine gestiegene Nachfrage nach Bio- oder regionalen Produkten und eine Ausbreitung der Kultur des „Selbermachens” als Ausdruck davon verstanden werden.

Zugleich wird es für kleinere und mittlere land­wirt­schaftliche Betriebe immer schwieriger, sich an rasch verändernde, globalisierte Märkte und Preise an­zu­passen. Land­wirt­Innen suchen nach neuen Produktions- und Distributions­modellen, die zur kleineren Betriebs­größe und den eigenen Wert­vor­stellungen passen und die eine höhere Wert­schätzung durch Konsument­Innen erfahren.

Unter­stützt werden die Veränderungen im Konsum­bereich Ernährung durch die zun­ehmende Ver­breitung des „Internet der Dinge” und weiterer Tech­nologien, die neue Mög­lich­keiten für die Beteiligung von Konsument­Innen an der Nahrungs­mittel­versorgung eröffnen.


Was ändert sich? Neue Beteiligungs­modelle im Konsum­bereich Ernährung

Im Bereich der Nahrungs­mittel­versorgung etablieren sich zunehmend alternative, flexible Konsum-, Organisations- und Geschäfts­modelle, die das klassische Verhältnis zwischen Konsument­Innen und Produzent­Innen aufbrechen. Konsument­Innen und Produzent­Innen inter­agieren direkt mit­einander. Sie teilen, tauschen oder nutzen gemein­schaftlich Arbeit, Land, Wissen, Geld, Ernte und Produktions­mittel. Prinzipien des Do-it-yourself und Do-it-together, mieten, tauschen oder ”Teilen statt Besitzen”, des kollaborativen Konsums sowie flexible Eigentums- und Konsum­modelle stehen dabei im Vorder­grund und sind als Teil der Sharing Economy zu verstehen. Beispiele für die neuen Modelle der Nahrungs­mittel­versorgung sind unter anderem Gemeinschafts­gärten, Ein­kaufs­gemeinschaften, Tier­paten­schaften sowie die soli­darische Land­wirt­schaft.

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© FuFoCo

Welche Bedeutung könnten diese Veränderungen zukünftig haben?

Die Ergebnisse des BMBF-Foresight Prozesses deuten darauf hin, dass die Aus­breitung neuer Formen von Kon­sumenten-Produ­zenten-Inter­aktionen lang­fristig gesell­schaftliche und wirt­schaft­liche Ver­änderungen hervor­rufen könnten. Neben positiven Effekten, wie bspw. einer nach­haltigeren Nahrungs­mittel­versorgung und einem besseren sozialen Gefüge, könnten auch negative Effekte eintreten. Zum Beispiel könnten bestimmte Interaktions­formen manche Be­völkerungs­gruppen von einer Teil­habe aus­schließen oder auf­grund fehlender Regelungen der Arbeits­schutz aus­gehöhlt werden. Diese Potentiale und Risiken sind für neue Kon­sumenten-Produ­zenten-Inter­aktionen im Konsum­bereich Ernährung bislang nicht untersucht worden, was mithilfe von FuFoCo nun geschehen soll.